Wir erfinden Deutschland neu - Metropolregion Rheinland

31.07.2020
Interview

Ein Interview von Thorsten Breitkopf mit den Geschäftsführerinnen der MRR im Kölner Stadt-Anzeiger vom 21.07.2020

Köln - Die Metropolregion Rheinland hat sich bei ihrer Gründung „zur Aufgabe gesetzt, das Rheinland im nationalen Wettbewerb vorne zu positionieren“. Das ist drei Jahre her und man hat den Eindruck, die Institution ist weitgehend unbekannt. Woran liegt das?

Thönnissen: Erstmal ist ja die Metropolregion (MRR) noch eine recht junge Institution und Frau Jahn und ich sind erst seit 2019 an Bord. Wir mussten Vieles strukturieren bevor wir inhaltlich arbeiten konnten. Diese Phase liegt hinter uns und wir haben richtig Fahrt aufgenommen. In allen Schwerpunktbereichen geht es inhaltlich voran, und auch die Öffentlichkeitskampagne steht. Sie wird bei unserer Mitgliederversammlung im August vorgestellt und zu einer noch breiteren Wahrnehmung der Metropolregion Rheinland führen.

Jahn: Unsere Metropolregion ist mit 8,9 Millionen Menschen auf einer Fläche von 12 300 Quadratkilometern die bevölkerungsreichste und am dichtest besiedelte von zwölf Metropolregionen in Deutschland. Das Rheinland ist eben ein großer, differenzierter und heterogener Raum. Wir haben 35 Mitglieder, mit denen wir intensiv zusammenarbeiten. Unsere Messeauftritte auf der ITB in Berlin, der Polis Convention in Düsseldorf, der Expo Real in München oder der Mipim in Cannes haben die Metropolregion stetig bekannter gemacht. Mit unserer Kampagne wollen wir jetzt auch eine breite Öffentlichkeit erreichen.

Kann es aber sein, dass die mangelnde Bekanntheit am schwierig abgrenzbaren Namen liegt? Die Metropolregion reicht ja von Bonn bis Holland. Das Rheinland aber ist ja viel größer, man denke an Rheinland-Pfalz… Wäre der Name „Greater Cologne“ nicht besser gewesen, mit Köln im Fokus?

Jahn: Nein, denn sicherlich ist die Stadt Köln eine international sehr bekannte Metropole, aber die Metropolregion Rheinland ist nicht, wie bei zum Beispiel die Metropolregion Frankfurt oder die Region Stuttgart, eine Großstadt und ihr Umland. Die Metropolregion Rheinland ist mehr als Köln und Umland. Unser Verständnis der Metropolregion Rheinland ist es, Großstädte wie Köln, Düsseldorf, Aachen, Duisburg, Wuppertal oder Bonn mit den suburbanen und ländlichen Gegenden noch besser zu verknüpfen und zu verbinden und deren vgemeinsame Interessen zu vertreten.

Thönnissen: Der Begriff „Greater Cologne“ hätte nicht den Kern getroffen. Eine wichtige Aufgabe ist es ja, die Metropolen, den suburbanen und den ländlichen Raumes auf Augenhöhe zu verbinden, um Synergien zu nutzen. Der Rhein ist sicherlich das verbindende Element, mit dem sich alle Mitglieder identifizieren können. Auch in Wuppertal und in Aachen fühlt man sich als Rheinländer.

Aber passen zwei Rivalen wie Köln und Düsseldorf in einen Verein?

Jahn: Ja. Für mich ist die Rivalität zwischen Köln und Düsseldorf eine humoristische, die von manchen sicher wie eine Monstranz vor sich hergetragen wird. Beide Städte vertreten sicherlich ihre Interessen und eine gewisse Konkurrenz kann ja auch positiv sein. Aber auf kommunaler und wirtschaftlicher Ebene wird seit vielen Jahren gut und erfolgreich zusammengearbeitet, und dies spüren wir auch im Verein, denn beide Städte wollen das Rheinland voranbringen.

Thönnissen: Denken Sie daran, wie viele Menschen täglich von Köln nach Düsseldorf pendeln oder umgekehrt. Wenn man Fakten betrachtet, gleicht sich das, was Sie als Rivalität bezeichnen, doch auch wieder aus. Düsseldorf etwa hat das Privileg, Landeshauptstadt zu sein. Köln wiederum ist als einzige Millionenstadt in NRW fast doppelt so groß wie Düsseldorf. In unserer Gremienarbeit kommt diese Konkurrenz nicht vor, allenfalls mal in eher nett gemeinten, kokettierenden Sätzen. Die beiden Oberbürgermeister Reker und Geisel arbeiten im Vorstand gut zusammen, wenn sie wie bislang abwechselnd den Vorsitz in der Metropolregion inne hatten – was nicht Pflicht ist. Mehr Aufmerksamkeit erfordert es, in dem großstädtisch geprägten Umfeld den ländlichen Raum nicht aus den Augen zu verlieren. Aber das tun wir aus Überzeugung. In der heutigen Zeit, in der die Mobilität, der Bedarf an Wohnraum und Bildungsthemen absolut im Fokus stehen, kann niemand mehr allein die Herausforderungen der Zukunft meistern – das geht nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Diese Zusammenarbeit organisieren wir – mit Erfolg.

Es gab Spannungen, wer dabei sein darf, insbesondere was Duisburg angeht, weil die Stadt auch Mitglied der Metropolregion Ruhr ist. Sind diese Konflikte beigelegt?

Jahn: Es gibt keinen Zweifel, dass Duisburg als Stadt am Rhein und mit dem größten Binnenhafen Europas dabei sein muss. Gerade für die Themen Logistik und Güterverkehre ist ihre Mitgliedschaft unerlässlich.

Sie sprachen eine Kampagne zur Bewerbung der Metropolregion Rheinland an, wie soll diese aussehen?

Jahn: Die Kampagne steht unter dem Arbeitstitel „Wir erfinden Deutschland neu“. Wir stellen darin heraus, was unsere Stärken sind, denn wir sind eine Region, die mit seinen zahlreichen klugen Köpfen eine enorme Innovationskraft besitzt. Mit Blick etwa auf Digitalisierung, Energiewende, Mobilitätswende etc. sind wir eine Region in Veränderung. Dieser Veränderung begegnet das Rheinland grundsätzlich mit Weltoffenheit und Toleranz. Die Kampagne soll bundesweit ausgerollt werden.

Thönnissen: Das Rheinland ist eine Region von erheblicher wirtschaftlicher Stärke, die durch Branchenvielfalt gekennzeichnet ist. Auch im Wissenschaftsbereich sind wir gut aufgestellt. Mit 64 Hochschulstandorten und zehn Exzellenzclustern verfügt das Rheinland flächendeckend über eine hervorragende Wissenschaftslandschaft. Das wollen wir bekanntmachen und insofern verstehen wir uns als Impulsgeberin und Lobbyistin für das Rheinland auf nationaler und internationaler Ebene. Die MRR soll eine regionale Dachmarke für die kommunale Familie, die Wirtschaft und die Wissenschaft sein. Natürlich sind wir Dienstleisterin für unsere Mitglieder.

Wie muss man sich das vorstellen mit einer rheinischen Dachmarke? Düsseldorf war vor einigen Jahren mit seiner Dachmarke „Lachendes D“ wegen Plagiatsvorwürfen und Fehldeutungen auf die Nase gefallen…

Jahn: Der Claim „Wir erfinden Deutschland neu“ ist nicht überheblich gemeint, aber wenn man sich die Zahl der Patentanmeldungen und Start-ups anschaut, dann passt dies, denn wir sind die Region mit den meisten Startups. Daher werden wir selbstbewusst unsere Kampagne auch in Berlin präsentieren. Wir werden einen neuen Innovationspreis namens „Rheinland genial“ ausloben. Vergeben wird er von den Mitgliedern.

Wie finanziert sich die MRR?

Jahn: Der Verein finanziert sich aktuell durch Mitgliedsbeiträge. Jedes Mitglieder zahlt einen Jahresbeitrag in Höhe 22 000 Euro.

Thönnissen: Wir verfügen über ein Budget von insgesamt rund einer Million Euro. Und natürlich ist es unser erklärtes Ziel, durch Einwerbung von Fördermitteln Geld in die Region zu holen.

 

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger vom 21.07.20 | Originaltitel: Bundesweite Kampagne. Wie die Metropolregion Rheinland endlich bekannt werden will. | https://www.ksta.de/wirtschaft/bundesweite-kampagne-wie-die-metropolregion-rheinland-endlich-bekannt-werden-will-37054442?originalReferrer=